Whiskybase
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Mit der Fortdauer in unserem tollen Hobby wächst bei so vielen von uns - mich eingeschlossen - immer mehr die Neugierde und der Wunsch nach älteren Abfüllungen, Abfüllungen aus vergangenen Tagen und auch das Verkosten von Whiskies aus sogenannten Lost Distilleries. Lost Distilleries sind Brennereien aus der Vergangenheit, die nicht mehr produzieren, geschlossen und meist auch abgerissen wurden.
Abfüllungen jenseits der 20 Lenze, auch Flaschen aus den 80igern und 90igern konnte ich bereits verkosten, fehlte mir nur noch, dass ich auch einen Single Malt aus einer Ghost-Distillery im Glas habe. Ein Kumpel aus meiner Whiskyrunde bot mir ein Sample aus der Imperial Brennerei an - da brauchte ich nicht zwei Mal darüber nachdenken.
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| Fotocredit: Anne Burgess / Imperial Distillery/wikipedia.com |
Die Speyside Brennerei wurde 1897, dem Jahr des diamantenen Thronjubiläums von englischen Königin Victoria, gegründet. Victoria trug ebenso den Titel Kaiserin von Indien und es heißt aus diesem Grund wurde die neue Brennerei Imperial getauft. Die Geschichte der Destille war wechselhafter Natur. Von den 115 Jahren ihres Bestehens stand die Produktion 45 Jahre still. Nach mehreren Besitzerwechsel war 1998 endgültig Schluss. Chivas Brothers riss 2013 die letzten noch stehenden Gebäude ab. Auf dem ehemaligen Gelände wurde von Pernot Ricard 2015 die Dalmunach Distillery gegründet.
Imperial 19y 1995/2014 von van Wees
Es gab von Imperial defacto nie eine Originalabfüllung für den Handel - lediglich einen 15jährigen gab es eine Zeitlang ausschließlich für Mitarbeiter. Aus diesem Grund sind Imperials ausschließlich von unabhängigen Abfüllern auf den Markt gekommen. So auch der 19jährige, dessen Sample ich gleich verkosten werde. Die von van Wees, einem holländischen UA Abfüllung wurde 1995 gebrannt und kam 2014 mit 46% in 312 Flaschen. Die Reifung erfolgte in einem Hogshead - ausgehend von der Farbe muss es sich um Ex-Bourbon Fassbestandteile gehandelt haben.
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| Fotocredit: whiskybase.com |
Aussehen
Hellgold
Nase
Es offenbart sich einem ein wunderbar klassisch sauberes Geruchsbild einer Ex-Bourbonfassreifung. Aufgeschnittene Vanilleschoten, die in Honig eingelegt sind, zu denen sich neben grünem Kernobst Anklänge von tropischen Früchten hinzu gesellen. Immer wieder kommen grüne grasige Noten zum Vorschein, von frisch gemähter Frühlingswiese mit zahlreichen Wiesenblumen. Aber auch eine feine Würzigkeit vom Holz zusammen mit geriebenen Zitronenschalen sorgen für einen angenehmen Kontrastpunkt zu den Fruchtaromen und sorgen so für eine ansprechende Tiefe. Die Reifedauer von 19 Jahren spiegelt sich in einer wunderbaren Cremigkeit und Wachsigkeit im Geruch wieder. Die Alkoholstärke ist perfekt gewählt, nicht zu lasch, die Nase ist ausbalanciert und weich wirkt aber nie dünn.
Geschmack
Die tolle Cremigkeit, verbunden mit dieser feinen wachsigen Note aus dem Geruch führt sich im Mund nahtlos fort. Es beginnt mit einer wunderbaren süßen Honigcreme mit Vanille, die über noch warmes helles Kuchengebäck fließt. Aufgeschnittene Zuckermelonen, Bananen, Weintrauben und reife grüne und gelbe Äpfel liegen neben der Backware. Abgelöst wird das Dessert im Geschmack durch eine mittelstarke Schärfe von geriebenem Ingwer. Sehr aromatisch und wohltemperiert. Ihr folgt am Fuße eine aufkeimende Würzigkeit, in der auch etwas Muskatnuss, Zimt sowie Traubentrester mit einer leichten Bitterkeit eine Rolle spielt. Auch im Mund ist der Alkohol sehr gut integriert, alle Aromen und Geschmacksnoten haben ausreichend Kraft und Intensität.
Abgang
Gegen Ende hin zieht das Holz mehr an, die längere Reifedauer merkt man nun deutlicher anhand von mehr Bitterstoffen. Die Haut und die Kerne von grünen Trauben sind ebenso präsent, wie weiterhin etwas Vanille und die Schalen der Äpfel. Das Finish gestaltet sich lange, der Whisky liegt cremig im Mundraum.
Fazit
Keine Ahnung, was die wirtschaftlichen oder konzerninternen Überlegungen waren, die Chivas Brother bzw. Pernot Ricard dazu bewogen hat, die Imperial Distillery zu schließen und abzureißen. Am Brand, am Whisky der dort produziert wurde, kann es beileibe nicht gelegen haben. Zusammen mit einem guten Fass wie bei dieser Abfüllung hat man einen wunderbaren, klassisch gereiften Ex-Bourbon Single Malt in die Flasche gezaubert. Der Whisky gefällt mir durch seine unaufgeregte Art sehr gut. Ich merke immer mehr, wie mich so ruhige, gediegene Ex-Bourbon gereifte Malts mit einem erhöhten Alter abholen und immer mehr begeistern können.




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