Mittwoch, 22. Juni 2022

Glenrothes 1972 SV 33y

 

Whiskybase


Anfang des Jahres habe ich in meinem Whiskyforum des Vertrauens bei einem interessanten Geschmacksexperiment mitgemacht. Dabei bekamen alle Teilnehmer zwölf Blindsamples. Danach musste man die Samples in sechs Duellen gegeneinander verkosten und bewerten. Die Duelle waren Alt gegen Jung, Alter gegen NAS, Sherry gegen Bourbon, Islay Rauch vs Rauch, Fassstark vs Trinkstärke und Gestern gegen Heute. Bis auf zwei Abfüllungen, die aus Irland kamen, waren alle anderen von schottischen Brennereien. 

Die Ergebnisse waren teilweise sehr interessant und zeigten, dass wie sehr man sich beim Verkosten von Whiskys auch von deren Herkunft, Alter, Alkoholstärke, Preis, Flaschendesign, etc. unbewusst beeinflussen lässt. Nicht immer, aber doch auch überraschend häufig. Solche Experimente sind eine hervorragende Übung um sich mal wieder zu erden. Gute Abfüllungen müssen nicht immer die teuersten und ältesten mit dem höchsten ABV sein. 

Der Glenrothes 1972 von Signatory Vintages war mit 33 Jahren die älteste Abfüllung bei diesem Experiment. Gereift in Sherry Fässern und mit 56,6% Alkohol in 549 Flaschen gefüllt. Beim damaligen Erstverkosten hat der Glenrothes sein Duell gewonnen, jedoch nicht die höchste Bewertung von alle 12 Samples - er lag eher im gehobenen Drittel. 

Nun, ein paar Monate später, war es Zeit den Rest im Samplefläschen nochmals zu verkosten.


Aussehen
Dunkles Ockergelb


Nase
Zuerst mal unverdünnt probieren. Sehr zarter Beginn mit Marillenröster, süß aber auch fruchtig sauer. Aber auch noch etwas schüchtern. Der benötigt Zeit und Sauerstoff im Glas. Die gebe ich ihm. Langsam entfalten sich südliche Früchte wie Honigmelonen, aber auch fast ins tropische gehende Aromen nach Mango und Papaya. Der Einfluss vom Alkohol, der anfänglich etwas in der Nase sticht, nimmt mit der Zeit immer mehr ab und es gesellen sich zum Obstkompott auch Kräuternoten und Vanilleschoten hinzu. Nach ungefähr 25 Minuten Standzeit erkennt man erstmals das Sherryfass - dunkle getrocknete Früchte, rote Beeren und Rosinen. Ebenfalls nun auch im Geruchsspektrum vorhanden sind dunkle Schokolade mit gerösteten Haselnüssen und Waldhonig. Sehr interessant wie sich der Whisky im Laufe der Zeit wandelt.
Mit Wasserzugabe kommen die Marillen noch deutlicher zur Geltung, zusammen mit Erdbeeren und Vanille. Der Alkohol ist nun sehr zahm. Der Geruch wirkt wesentlich harmonischer und runder.


Geschmack
Der Malt fließt cremig weich, fast schon wächsern, auf die Zunge. Anfänglich mit süßen, fast schon honigsüßem Geschmacksnoten zeigt sich kurz eine überraschende, fast schon leicht schmutzig staubige zu nennende Seite an ihm. Dann wird es aufgrund des Alkoholgehaltes kräftig und leicht wärmend mit Kräutern und ordentlich Pfeffer sowie Zimt und Muskatnuss. Als Frucht sind nun mehr die helleren Obstsorten am Zug, jedoch insgesamt eher dezent.
Mit Wasser wird er noch weicher und richtig fruchtig und zwar in Richtung tropische Früchte. Die kräftigen Aromen nach Kräutern und der leicht schmutzige Touch sind verschwunden. Generell ist im Geschmack die Reifung in Sherryfässern kaum zu merken.


Abgang
Deutlich adstringierend an den Wangenseiten gegen Ende hin. Die im Geschmack erstmals erkannte leichte schmutzige Note verwebt mit süßen Fruchtanteilen von Beeren und einer schönen sehr leckeren Eiche. Überraschend wenig Bitterkeit für das Alter. Sehr harmonisch. Mittel- bis langes Finish.
Mit einer dezenten Verdünnung kommt auch beim finalen Teil die Frucht mehr heraus. Jedoch auch die Eiche wird präsenter, ohne aber herb zu wirken. Es bleibt gediegen aromatisch. Das Finish verlängert sich durch Wasser deutlich.


Fazit
Dies ist mein erster Malt aus den 1970igern. Tolles Erlebnis so einen Malt einmal im Glas zu haben. Hat er mir gefallen? Ja! Absolut. Vor allem die Nase war eine Wucht. Der Geschmack konnte hier zwar nicht gänzlich mithalten, aber dies ist Jammern auf hohem Niveau. Die Sherryreifung ist nicht immer klar zu merken. Einerseits nach einer längeren Standzeit im Glas im Geruch und am Ende der Verkostung, als ich nochmals am leeren Glas roch, kamen klassiche Sherryaromen zum Vorschein. Aber ist dies schlimm? Nein. Ich denke, dass es 2nd oder 3rd Fill-Fässer gewesen sind, worin der Whisky seine 33 Jahre reifen durfte. Und die Fässer haben dem Malt eine Grundkomplexität vermittelt - so soll es sein. Beim derzeitigen Preis von fast € 1.200,- (lt. Whiskybase.com) erübrigt sich die Frage, ob ich mir eine Großflasche leisten will. Aber ich bin sehr froh, ihn im Glas gehabt zu haben.

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Earlier this year, I took part in an interesting taste experiment on my trusted whisky forum. All participants were given twelve blind samples. Then they had to taste and rate the samples in six duels against each other. The duels were Old vs Young, Old vs NAS, Sherry vs Bourbon, Islay Smoke vs Smoke, Cask Strength vs Drink Strength and Yesterday vs Today. Except for two bottlings that came from Ireland, all the others were from Scottish distilleries. 

Some of the results were very interesting and showed how much one can be unconsciously influenced by the origin, age, alcohol strength, price, bottle design, etc. when tasting whiskies. Not always, but surprisingly often. Such experiments are an excellent exercise in grounding oneself. Good bottlings don't always have to be the most expensive and oldest with the highest ABV. 

The 1972 Glenrothes from Signatory Vintages was the oldest bottling in this experiment, at 33 years old. Matured in sherry casks and bottled at 56.6% alcohol in 549 bottles. When first tasted at the time, the Glenrothes won its duel, but not the highest rating out of all 12 samples - it was more in the upper third. 

Now, a few months later, it was time to taste the rest in the sample bottle again.

Whiskybase.com

Appearance
Dark ochre yellow


Nose
First taste undiluted. Very delicate start with apricot roast, sweet but also fruity sour. But also still a bit shy. It needs time and oxygen in the glass. I give it that. Slowly, southern fruits like honeydew melons unfold, but also almost tropical aromas of mango and papaya. The influence of the alcohol, which initially stings the nose a little, diminishes over time and the fruit compote is joined by herbs and vanilla beans. After about 25 minutes of standing time, the sherry cask is recognisable for the first time - dark dried fruits, red berries and sultanas. Dark chocolate with roasted hazelnuts and forest honey are also present in the aroma spectrum. Very interesting how the whisky changes over time.
With the addition of water, the apricots become even more prominent, along with strawberries and vanilla. The alcohol is now very tame. The smell seems much more harmonious and rounded.


Taste
The malt flows creamy smooth, almost waxy, onto the tongue. Initially with sweet, almost honeyed flavours, a surprising, almost slightly dirty dusty side to it briefly emerges. Then, due to the alcohol content, it becomes strong and slightly warming with herbs and a good amount of pepper as well as cinnamon and nutmeg. The fruit is now more of the lighter fruit varieties, but overall rather discreet.
With water, it becomes even softer and really fruity, in the direction of tropical fruits. The strong aromas of herbs and the slightly dirty touch have disappeared. In general, the maturation in sherry casks is hardly noticeable in the taste.


Finish
Distinctly astringent on the cheek sides towards the end. The slight dirty note first detected in the taste interweaves with sweet fruit parts of berries and a nice very tasty oak. Surprisingly little bitterness for the age. Very harmonious. Medium to long finish.
With a subtle dilution, the fruit comes out more on the final part as well. However, the oak also becomes more present, but without being harsh. It remains solidly aromatic. The finish is clearly prolonged by water.


Conclusion
This is my first malt from the 1970s. Great experience to have such a malt in the glass. Did I like it? Yes! Absolutely. Especially the nose was a stunner. The taste couldn't quite keep up, but that's complaining on a high level. The sherry maturation is not always clearly noticeable. On the one hand, after a longer standing time in the glass in the smell and at the end of the tasting, when I smelled the empty glass again, classic sherry aromas appeared. But is this bad? No. I think it was 2nd or 3rd fill casks in which the whisky was allowed to mature for its 33 years. And the casks have imparted a basic complexity to the malt - that's how it should be. At the current price of almost € 1,200,- (according to Whiskybase.com), the question of whether I want to afford a large bottle is superfluous. But I am very happy to have had it in my glass.



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